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Beitrag vom 10.11.2008
Es brennt - Antijüdischer Terror im November 1938
Alexandra Kasjan
Im Berliner Centrum Judaicum werden vom 07. November 2008 bis 01. März 2009 bisher wenig bekannte Fotografien aus den Jahren 1938/39 gezeigt. Diese dienten als Beweismittel in Justizverfahren der...
... Nachkriegszeit und dokumentieren noch heute das Ausmaß der Gewalt und die öffentliche Demütigung der Juden im Deutschen Reich.
2008 jährt sich der antijüdische Terror der Nationalsozialisten vom November 1938 zum siebzigsten Mal. Anlässlich dieses Jahrestages eröffneten die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, die Stiftung Topographie des Terrors und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas am 6. November 2008 die gemeinsam konzipierte Ausstellung "Es brennt!" Antijüdischer Terror im November 1938.
Zur Eröffnung der Ausstellung in der Neuen Synagoge begrüßte Hermann Simon, Direktor Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, die Gäste. Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin, hielt die Eröffnungsrede. Barbara Schnitzler, Schauspielerin am Deutschen Theater, las ZeitzeugInnenberichte zum Thema.
Wowereit betonte in seiner Rede, wie wichtig die Erinnerung an die Pogromnacht ist:
"Der 70. Jahrestag der Pogromnacht ist Anlass, die Wiederkehr dieses schändlichen Ereignisses in besonderer Weise zu begehen. Das Centrum Judaicum ist ein besonders authentischer Ort dafür, denn die Neue Synagoge konnte am 9. November 1938 wohl vor allem dank des Eingreifens eines Revier-Vorstehers der preußischen Polizei gerettet werden. Er stellte sich den brauen Brandstiftern entgegen. Dies ist in Deutschland in jener Nacht leider die große Ausnahme gewesen. Statt beim Ruf ´Es brennt!´ zum Löschen zur Hilfe zu kommen, haben allzu viele die Flamme des Hasses und der Gewalt buchstäblich weiter angefacht, indem sie den Brandstiftern halfen und nicht den Opfern."
Wowereit ist der festen Überzeugung, dass diejenigen, die während der Pogromnacht den gedemütigten Juden keine helfende Hand angeboten haben, sich mitschuldig an den Verbrechen der Nationalsozialisten gemacht haben:
"Es sind besonders die wenig bekannten historischen Fotos dieser Ausstellung, die klar machen, welches Ausmaß Gewalt und Erniedrigung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Deutschland des Jahres 1938 bereits angenommen hatten. Wer tatenlos dem braunen Treiben zugeschaut oder wie viele sogar mitgetan hatte, der war ein für alle Mal kompromittiert. Jeder wusste spätestens an diesem Tag, was den Juden Deutschlands und später Europas bevorstand. Diese Ausstellung ist ein Beitrag dazu, dass so etwas niemals wieder geschieht. Es gilt, Gesicht zu zeigen gegen jede Form von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Neonazismus. Ich wünsche der Ausstellung viele und vor allem junge Besucherinnen und Besucher."
Der Ausstellungsort in der Synagoge Oranienburger Straße wurde trotz des relativ kleinen Raumes bewusst ausgewählt, denn hier brannte es während der Pogromnacht besonders verheerend. Die Ausstellung bietet den BesucherInnen ein großes Repertoire historischer Zeugnisse: Acht große Schaukästen zeigen Gegenstände, die im religiösen Leben der Juden eine bedeutende Rolle spielen. So etwa eine "Ewige Lampe", die zur Synagogenausstattung gehört. Rund 100 erschütternde Fotografien, die durch Sehschlitze wahrzunehmen sind und nicht auf Augenhöhe der BetrachterInnen liegen, dokumentieren die Grausamkeit, mit denen jüdische BürgerInnen behandelt wurden. Eine Fotografie etwa zeigt die Verhaftung von Herschel Grynszpan. Der damals 17-jährige Sohn jüdisch-polnischer Eltern verübte aus Verzweiflung und Wut über die Deportationen am 07. November 1938 in Paris ein Attentat auf den deutschen Diplomaten Ernst von Rath.
Audioinstallationen mit ZeitzeugInnenberichten erinnern an viele Persönlichkeiten, die Opfer des Nationalsozialismus wurden, wie etwa Toni Lessler, die in Berlin die "Private Waldschule Grunewald" gründete und nach ihrer Schließung 1939 in die USA emigrierte. Die Ausstellung zeigt auch eine großflächige Karte, die diejenigen Orte im damaligen Deutschen Reich kennzeichnet, an denen Synagogen brannten, Wohnungen zerstört, Geschäfte geplündert und Menschen erschlagen wurden.
Zur Vertiefung des Themas ist ein Ausstellungskatalog erhältlich. Dieser enthält neben sämtlichen Fotos und dazugehörigen ausführlichen Bildlegenden auch eine Reihe von Texten, die unter anderem ausländische Reaktionen auf die Pogromnacht und die strafrechtliche Aufarbeitung nach 1945 behandeln. Der Katalog wurde von Andreas Nachama, Uwe Neumärker und Hermann Simon herausgegeben.
"Es brennt!" Antijüdischer Terror im November 1938
07. November 2008 bis 01. März 2009
Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum
Oranienburger Straße 28/30
D-10117 Berlin
Tel: 030/88028-300
E-Mail: office@cjudaicum.de
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.cjudaicum.de/